Der Tafelspitz gilt heute noch als Festtagsessen. Er gehört zu den größten Köstlichkeiten der österreichischen Küche, und niemand würde bestreiten, dass er aus dem Alpenland stammt. Doch was genau ist seine Geschichte?
Im Mittelalter gehörte Rindfleisch ebenso wie Brot zu den Grundnahrungsmitteln der österreichischen Stadtbewohner. Auf den Märkten war es preisgünstig zu erwerben, denn deutsche und ungarische Bauern betrieben ausgiebige Rinderzucht. Dass man den Tafelspitz als besonderes Stück Fleisch entdeckte, geht ins fünfzehnte Jahrhundert zurück. Der hintere Teil der Rinderhüfte läuft an einem Ende spitz zu, was zu seinem Namen führte. Die reichhaltige Verarbeitung von Rindfleisch ließ rasch erkennen, dass der Tafelspitz sich durch besondere Zartheit auszeichnete, und zwar insbesondere, wenn es sich um einen jungen Ochsen handelte. Doch die optimale Zubereitung war noch nicht entdeckt, und auch der späteren Berühmtheit konnte sich der Tafelspitz noch nicht erfreuen.
Bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein war es üblich, Rindfleisch zu kochen. Dann entstand ein vehementer Streit unter Köchen, ob man Rindfleisch kochen oder braten sollten. Die Verfasserin des klassischen österreichischen Kochbuchs „Allgemeines österreichisches oder neuestes Wiener Kochbuch“ (1850), Anna Hofbauer, empfahl 1825, drei Wochen im Monat wochentags gekochtes Rindfleisch auf den Tisch zu bringen und nur am Sonntag einen – wörtlich zu nehmenden – Sonntagsbraten. Die Köche der Offiziere am Kaiserhof hielten sich nicht nur daran, sondern überboten den Rat noch. Auf ihren Speisezetteln von 1836 war gekochtes Rindfleisch täglich zu finden, jedoch immerhin mit wechselndem Gemüse.
Geschichte des Tafelspitz nach Wiener Art
Wie kam es zum klassischen Tafelspitz-Gericht? Wenn man einer Wiener Erzählung Glauben schenkt, spielt Kaiser Franz Joseph I. eine Hauptrolle. Er pflegte sein Image als bescheidener Erdenbürger und ließ sich oft Rindfleisch servieren. Nun galt an der kaiserlichen Tafel, dass alle erst dann essen durften, wenn der Kaiser das Besteck seinem Zweck zuführte, und es sofort niederzulegen hatten, sobald der Kaiser das getan hatte. Unglücklicherweise aß Franz Joseph ebenso wenig wie schnell. Deshalb blieb so mancher der hohen Militärs, die regelmäßige Gäste waren, hungrig.
Dem gebot Anna Sacher 1850 Einhalt. Die Ehefrau des Gastronomie- und Hotelfachmanns Eduard Sacher, Erfinder der Sachertorte, setzte das Rindfleisch schon auf, während die Männer noch bei Hofe weilten. Es hatte also bei der Ankunft der Militärs in der Gastwirtschaft Sacher, zu der nun alle eilten, einige Stunden vor sich hin geköchelt. Und das war die Geburtsstunde des Tafelspitz.
Spitzenrezept für den Tafelspitz (6 Personen)
- 1,5 Kilo Tafelspitz
- 6 Äpfel (Boskop)
- Saft einer Zitrone
- 75 Gramm Zucker
- 75 Gramm Meerrettich
- 1 große Zwiebel
- 1 Bund Wurzelgemüse
- ½ Stange Lauch
- 2 Lorbeerblätter, Pfefferkörner
Die geschälten und geviertelten Äpfel reiben und mit Zitronensaft und Zucker in einen Topf geben, 5 Minuten köcheln.
Meerrettich fein reiben und unterheben.
Die Zwiebeln halbieren und auf den Schnittflächen fettfrei anrösten.
Das Wurzelgemüse schälen und in kleine Teile schneiden, den Lauch in Ringe.
3 Liter Wasser mit den Zwiebelhälften, dem Gemüse, den Lorbeerblättern und einigen Pfefferkörnern aufkochen.
Den Tafelspitz waschen und in die kochende Brühe geben. 2 bis 3 Stunden bei niedriger Stufe nur köcheln lassen.
Die Brühe erst nach 2 Std. mit Salz abschmecken. Später als Vorsuppe verwenden!
Das Fleisch quer zur Faser in Scheiben geschnitten servieren.